FECL und AIM

von Jochen Cotaru, 12.02.2024, Veröffentlicht in Archipel 333

Zwei Archive, zweimal Basis unserer Arbeit, zweimal für Sie frei zugänglich! Seit einiger Zeit können Nutzer·innen unserer Webseite forumcivique.org auf zwei Archive zugreifen.

Es handelt sich um das vom EBF seinerzeit unterstützte Alternative Informationsnetzwerk für den Balkan und Südosteuropa AIM1 – Alternativna Informativna Mreža1, 1992-2004, sowie die von Nicholas Busch, Mitbegründer des EBF, editierte Monatsschrift «Fortress Europe? – Circular Letter» – FECL2, 1992-1998.

AIM

Das AIM-Archiv umfasst gut 26.000 Artikel in den Sprachen Bosnisch-Serbisch-Kroatisch, Albanisch, Englisch und Slowenisch. AIM war während und nach den Kriegen in Jugoslawien und den Nachfolgestaaten eine unvergleichliche Nachrichtenquelle. Bis zu 120 hauptamtliche Journalist·innen sorgten mit ihrer unabhängigen Hintergrundberichterstattung für das Überleben der vierten Gewalt unter widrigsten Umständen. Ihr gemeinsamer Ansatz war anti-nationalistisch bestimmt und prägte die Arbeit von AIM über sein aktives Ende hinaus, was auch heute als Arbeitsgrundlage unter vergleichbaren Umständen grundlegend ist. Internationale Vernetzung und Innovation machten den Austausch von Informationen über ein anfangs in Paris stationiertes Mailbox-System möglich, als Telefon oder Fax zwischen Banja Luka und Sarajevo nicht funktionierten. Mitte der 1990er wurde mit dem Pearl-basierten FirstEngine auf der Webseite aimpress.org eines der ersten automatischen Content-Management-Systeme eingesetzt.

AIM betrieb auch mehrere Ausbildungsprogramme für junge Journalist·innen und sorgte auf verschiedenen Ebenen für Vertrauensbildung in Kriegszeiten sowie danach. Die überredaktionellen Treffen fanden zumeist auf dem Hof der Europäischen Kooperative Longo maï im österreichischen Bad Eisenkappel statt.

FECL

Wesentlich kleiner, aber um nichts unbedeutender, ist das Archiv von FECL. Nicholas Busch baute parallel zur Etablierung des Schengenraums Anfang der 1990er Jahre ein Netzwerk von Journalist·innen, Jurist·innen, Politiker·innen und Aktivist·innen auf. Mittels der gedruckt erscheinenden Monatsschrift wurden Entwicklungen wie das Schengen-Informations-System, der Asylrechtsabbau und anderes mehr analysiert, bekannt gemacht und bisweilen auch erstmals denunziert. Nicholas Busch arbeitete später als Berater der Vänsterpartiet im schwedischen Reichstag und publizierte kritisch zu Themen der europäischen Sicherheitsarchitektur.

Die Bereitstellung beider Archive ist dem EBF Herzenssache. Die inzwischen historischen Einblicke mögen Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, von Nutzen sein und vielleicht auch Wissensgewinn bei ihrer politischen Bildung bieten!

Jochen Cotaru, EBF

Buchtipp: Nicholas Busch: Baustelle Festung Europa. Beobachtungen, Analysen, Reflexionen. Drava Verlag, Klagenfurt 2006. ISBN 9783854354857. Kartoniert, 214 Seiten, 19,50 EU