FEMINISMUS / MIGRATION: Feministasylum

von Constanze Warta, 15.11.2021, Veröffentlicht in Archipel 308

Am 11. November 2021 wurde die Europäische Feministische Petition für eine konsequente Anerkennung der besonderen Asylgründe für Frauen, Mädchen und LGBTIQA+Personen* lanciert. In allen europäischen Ländern und in der Schweiz werden Unterschriften gesammelt.

Sexuelle und geschlechtsspezifische Gewalt (einschliesslich häusliche Gewalt, sexuelle Ausbeutung, Zwangsverheiratung, Genitalverstümmelung, Menschenhandel, diskriminierende Gesetze, Abweisung, Entzug der Kinder) treibt viele Frauen, Mädchen und LGBTIQA+-Personen dazu, aus ihren Ländern zu fliehen und in Europa Asyl zu suchen. Diese Menschen sind während der gesamten Migrationsroute fast systematisch Gewalt und Ausbeutung ausgesetzt: sexuelle Gewalt durch Schleuser oder in Flüchtlingslagern, sexuelle Ausbeutung oder Zwangsarbeit und Gefangenschaft bei Schlepperbanden in Transitländern. Doch auch in den europäischen Ankunftsländern werden sie oft bedroht und ausgebeutet. Ausserdem werden sie mit unangemessenen Asylverfahren und einer unwürdigen Aufnahme konfrontiert. Die Asylverfahren ermöglichen keine Identifizierung von Überlebenden geschlechtsspezifischer Gewalt oder Opfern des Menschenhandels; die Unterbringungsstrukturen sind unzureichend und es fehlt an Unterstützungsmassnahmen. Ihre spezifischen Asylgründe werden oft nicht anerkannt, trotz der in mehreren EU-Richtlinien formulierten Grundsätze und der Festlegungen in der Istanbul-Konvention, die geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen als eine Form der Verfolgung anerkennen, die sie zu internationalem Schutz berechtigen.

Neben über 30 Organisationen in der Schweiz und in mehreren europäischen Ländern haben (bis Redaktionsschluss) folgende Persönlichkeiten die Petition erstunterzeichnet: Ariane Ascaride, Künstlerin, Schriftstellerin (F), Michèle Bernard, Sängerin (F), Robert Guédiguian, Filmschaffender (F), Malik Salemkour Präsident der Liga für Menschenrechte Frankreich, Valérie Manteau, Schriftstellerin (F), Pinar Selek, Schriftstellerin (F), Nena Venetsanou, Sängerin, Autorin, Komponistin (Griechenland).

Am 11. Mai 2022, dem Tag der Unterzeichnung der Istanbul-Konvention (2011), wollen wir die gesammelten Unterschriften dem Europäischen Parlament übergeben. Bitte lesen und unterschreiben Sie die Petition auf der Webseite feministasylum.org und fordern Sie Ihre Bekannten und Freund·inn·en dazu auf, dasselbe zu tun.

Constanze Warta

*Der Begriff «Frau» umfasst jede Person, die sich als solche identifiziert, unabhängig von dem ihr bei der Geburt zugewiesenen Geschlecht. Das Gleiche gilt für den Begriff «Mädchen», der sich auf eine Minderjährige bezieht. LGBTIQA+ umfasst alle Personen, die sich als lesbisch, schwul, bisexuell, trans, intersexuell, queer, asexuell (oder anders) identifizieren.